Mittwoch, 1. Oktober 2014

Der Frosch sitzt nicht im Hals, sondern am Bogen

Mit einem Gewicht von 4000 Gummibärchen auf dem Rücken –
so viel wiegt ein Cello – beginnt Katrin Penz ihr
musikalisches Kabarett-Programm mit dem Titel: „Einmal Pferdehaar bitte“.
Vier Lametta-Stricke in Silber, außen herum eine Menge Holz, ein Stachelanker als Freundschaftsring, Antidruckstellen-Lätzchen und ein Bogen mit Frosch und Pferdehaar. Wer hätte gedacht, dass es sich dabei um ein Cello handelt! Die Zuhörer, die am Sonntagabend des 28. September in die Obernburger Stadthalle kamen, um Katrin Penz mit ihrem Kabarett-Programm „ Einmal Pferdehaar bitte“ zu erleben, waren anschließend so schlau, haben sich köstlich amüsiert und auch eine kräftige Prise Musikgenuss mit nachhause genommen.

Katrin Penz und ihr "alter Knacker", ein 1916 gebautes Cello.

Plaudereien....

Gabriel Blüder assistiert.

Musik hörbar und lesbar.

Intelligent, musikalisch, witzig, so würden die Attribute lauten, würde man das Programm von Katrin Penz in drei Worten zusammenfassen. Es ist aber deutlich mehr, was die Cellistin und Musikpädagogin in ihren Solo-Auftritt einfließen lässt. Es ist ein Stück eigene Lebensgeschichte, die sie dem Publikum unterbreitet. Die Musikerin, die aus Görlitz an der deutsch-polnischen Grenze stammt, erzählt von „echten Wintern“, wo sie als Musikschulelevin bei deftigen Minustemperetaruren mit ihrem Cello an der Bushaltestelle warten musste, ihr das Instrument bei Glatteis aus den Händen glitt und sie fürchtete, dass es zerbrochen war. Das Publikum erfährt von Auftritten im ehemaligen Bauern- und Arbeiterstaat, explizit von musikalischen Umrahmungen bei der Jugendweihe, wo das Spielen der Nationalhymne zum festen Repertoire gehörte. Nebenbei serviert Penz noch einen Ohrenschmaus mit der Interpretation von „Auferstanden aus Ruinen…“, einer unbestreitbar schönen Melodie.

Das Cello ist ihr beste Freund
Den breitesten Raum des knapp zweistündigen Programms nahm die Vorstellung des 1916 gebauten Cellos ein, das Katrin Penz als Freund bezeichnet und die Verbindung scherzhaft „Alter Knacker nimmt junge Frau“ nennt und hinzu fügt: „Er ist der Herr der Saiten und noch ganz schön fit“. Die Kosten für dieses wertvolle Instrument sind ihrer Aussage nach mit denen für die Anschaffung eines Kleinwagens vergleichbar. „Ich habe schon einen Kleinwagen, ich brauche keinen mehr“, stellt sie trocken fest. Kleine Reisen habe sie auch schon genug gemacht, erklärt sie, als sie dann den entsprechenden Anschaffungspreis für einen qualitativ hochwertigen Bogen nennt.

Dafür spart sich Penz die Gebühren für ein Fitness-Center. Mit dem Gewicht von 80 Tafeln Schokolade oder 4 000 Gummibärchen, vergleichbar mit der Masse von 16 Hefeweißbieren in ihrem Cello-Rucksack ständig treppauf und treppab zu gehen, ist laut Penz ein hervorragendes Training. „Die Celli haben immer die oberen Stockwerke“, resümiert sie. Sie macht einen Schmollmund, wenn sie die Flötistin im engen, hochgeschlitzten Kleid erwähnt, sie als Cellistin aber fünf Meter Stoff für einen weit schwingenden Rock benötigt. 

Die Rache der Cellistin
Es leuchtet ein, wenn Penz sagt:„In einem Kleid mit Schlitz kann ich nur einmal spielen, zumindest in einem seriösen Orchester“. Aber die Rache der Cellistin ist süß. Zwar repräsentieren die Celli nicht die ganz große Musik, sondern wandern durch alle Harmonien und geben den Rhythmus vor. „Da müssen auch die Flötistinnen in ihrem Schlitzkleid nachgeben!“ bemerkt Penz mit einem zufriedenen Lächeln. Die Musik kommt am Sonntagabend auch nicht zu kurz. Neben gekonnt interpretierten Auszügen aus Bach-Suiten gibt es noch die berühmte Habanera-Arie aus Carmen und das Ännchen von Tharau zu hören und die wunderbare und berührende Sarabande aus der 1. Suite von Bach.

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Übrigens: Seit Januar wird für die Oper Carmen geprobt. Die Aufführungen der Musikschule Obernburg sind am Samstag, 8. November und Sonntag, 9. November in der Obernburger Stadthalle. Katrin Penz spielt im Orchester mit. Ein paar Impressionen zu den Proben der Vokalisten gibt es hier..

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