Donnerstag, 1. Januar 2015

Prosit Neujahr, Obernburg



Der Jahreswechsel ist vollbracht und das neue Jahr hat begonnen!


Der Obernburger Heimatdichter Gustl Konze hat zahlreiche Verse über seine Heimatstadt verfasst, vorwiegend in Omborscher Mundart. Dieser im Februar 1931 veröffentlichte Ausschnitt aus dem "Uhu" passt eigentlich ganz gut als Impuls zum Jahresbeginn und ist nicht in Mundart geschrieben, so dass auch Nicht-Omborscher es verstehen.

Um Omborsch rim

Ich geh die Bahnhofstreppe runter,
erblicke schon ein neues Wunder.
Ich traue meinen Augen kaum,
da stand doch einst ein Lindenbaum,
der den Verkehr so sehr gehemmt!
Und dort, das ist mir gänzlich fremd,
der Schwanenteich, der ist verschwunden,
hat hier ein Beben stattgefunden?...

Die Rhein-Main-Donau ist zu loben,
die unsre Brück‘ so schön gehoben.
Man geht bergauf und dann herunter
und siehe da, ein neues Wunder,
auch die Verstärkung ist jetzt da,
die endlich kam, nach viel Trara...

Am Zollhaus dort ein neuer Schreck,
die schöne Ruhebank ist weg!
Und links und rechts o welch ein Graus,
man riß da alle Bäume raus.
Der ganze Mut will mir entsinken,
ich geh im “Karpfen” einen trinken.
Jedoch auch hier am runden Tisch,
bei Hock‘schem Bier und Dölgersfisch,
erzählt ein braver Bürgersmann
gar lustige Geschichten dann.
Vom Brückenheben, von der Fähr.
Es ist noch gar nicht lange her,
daß unten an des Maines Strand
man stundenlang im Kote stand,
bis daß die Fähre rüberkam
und einen mit hinübernahm.
Und war man drüben angelangt,
hat seinem Schöpfer dann gedankt,
daß es ein gutes Ende nahm
und lebend man ans Ufer kam...

Und ein Stückchen weiter oben,
hat sich das Straßenbild verschoben.
Das Rosengärtchen das verschwand
und eine Großgarag‘ entstand.
Die Mainstraß die hat immer noch,
das alte Pflaster, Loch an Loch,
das Autolenkern Sorge macht
und manchen Achsenbruch gebracht.
Jedoch, man weiß, das Geld ist rar:
Viel Steuern gibt’s im neuen Jahr...

Daß hier sich die Geschäftswelt rührt,
das hab ich früher schon gespürt.
Auch dieses Mal erblick ich hier,
viel neue Läden, Tür an Tür.
Hier sieht man eine Bäckerei
mit Dampfbackofen gleich dabei.
Neu ist auch das Zigarrenhaus,
wie in der Großstadt sieht es aus.
Dort ein paar Schritte linker Hand,
halb Obernburg beisammenstand,
denn aus dem kleinen Schauspielhaus
schallt grad‘ der dritte Akt heraus.
Und weiter oben, rechts am Eck,
ich eine Drogerie entdeck‘.
Die “Sonne” neu und frisch erstrahlt,
der Tobias hat sie angemalt.
Und linkerhand die Straß‘ hinunter,
im schwarzen Viertel, welch ein Wunder,
eine ganz moderne Schlächterei,
die Vierte jetzt im “Bund der Drei”...

Jetzt geht’s zum oberen Tor hinaus.
Ach Gott, wie sieht die Straße aus!
Von Asphalt sieht man keine Spur,
mitleidig grinst die obere Uhr.
Ein Stückchen weiter, linker Hand,
da haust der Wasserfabrikant.
Milchura heißt das Lösungswort,
ich eile mit Entsetzen fort.

Doch weiter geht’s in flottem Lauf,
den Zwetschengraben jetzt hinaus.
Von oben winkt ein Hühnerhaus,
die Eier gehn dort gar nicht aus.
Die Leghorn-Hühner eins, zwei, drei,
die legen fleißig Ei um Ei.
Und kaum gelegt, trägt man sie aus,
zwölf Rentenpfennig frei ins Haus.
Im Frühjahr sind sie billiger,
weil da die Hühner williger.

Am Runden Turm dort rechterhand,
ne neue Wagnerei entstand.
Mir ist es recht, ich gehe fort,
denn neue Häuser winken dort.
Die Bergstraß seh ich mir noch an,
weil mir ein alter Bürgersmann,
erzählet hat von Schlamm und Dreck,
er hatte recht, ich eile weg.
Viel Neues gibt’s hier hinten nicht,
weil die Gendarmen stets in Sicht.

Und weiter geht’s zum Mainesstrand,
dort wo das hohe Schilf einst stand.
Die Wasserbauten sind verschwunden,
sehr sauber ist es nun da drunten.
Das alte Ufer, das ist jetzt,
mit roten Steinen schön besetzt.
Hier hört man noch, wie einst im Mai
gar manchen Seufzer nebenbei:
denn, wie die Alten früher sungen,
so zwitschern heute auch die Jungen.

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